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Mosquito-Baubericht von Mark ist am Rande eine recht interessante Diskussion aufgekommen: warum hatten die Originale eigentlich Federn an den Enden der Steuerseile?
Die Spekulationen reichten von "Ausgleich thermischer Längenänderung" über "Dämpfung der Motorvibrationen" über "leichteres Aushängen der Karabiner an der Steeringbar" über diverse andere Thesen bis hin zu "Einstellarbeiten an den Seilen erleichtern". Und der abschliessenden Feststellung: wir fragen einfach Rod (Geraghty), den Praktiker, der die Oriinale selber gefahren ist. Wer könnte eine kompetentere Auskunft liefern?
Ok, heute habe ich stundenlang mit Rod geskyped, es war wie immer äusserst unterhaltsam und lehrreich - und hier ist seine Antwort: "Ihr denkt alle viel zu kompliziert!"
Werner war mit seinen Thesen am dichtesten an der Wahrheit: die Federn dienten schlicht und einfach dazu, ein wenig Spannung in die Steuerseile zu bringen bzw. die vorhandene (geringe) Spannung zu halten. Das war aus zwei Gründen erwünscht: zum einen wurde durch diese leichte Vorspannung vermieden, dass sich auf dem Hub (= der Seiltrommel vor dem Lenkrad) die Steuerseile übereinander legen konnten. Mit ein bisschen Spannung legten sie sich immer sauber nebneinander.
Zum zweiten differierte die Seilspannung - bei stärkerem Einlenken des ABs - im linken und rechten Steuerseil etwas voneinander. Das ist eigentlich auch logisch: vorne eine runde Trommel, hinten eine Steeringbar - da beschreibt das Seil hinten keine saubere Kreissegment-Abwicklung (wie vorne am Hub), da es immer gestreckt gerade zur Steeringbar verläuft. Das führt also zu leichten Spannungsunterschieden im linken und rechten Seil, die sich allerdings erst bei starkem Einlenken des ABs auch praktisch bemerkbar machen.
"In der Praxis" berichtete Rod "führte das dazu, dass ich bei Closed Course Races meist garkeine Federn an den Steuerseilen verwendet habe. Ein Closed Course hatte große Kurvenradien, also war nur relativ geringe Einlenkung des ABs notwendig. Dabei entstanden weder die genannten Unterschiede in der Seilspannung, noch die Gefahr, dass sich die Seile auf dem Hub verhedderten.
Anders sah es z.B. beim Sammamish Slough Race aus (Anm.: ein Flußrennen, bei dem es zahlreiche Brückenpfeiler im Wasser, scharfe Flussbiegungen etc. gab), da hatte ich immer Federn an den Steuerseilen."
Und was ist mit dem Argument, dass durch die Federn die Karabiner leichter aus der Steeringbar auszuhängen waren, wenn man den Motor abnehmen wollte?
"Das war überhaupt nicht notwendig", sagte Rod. "Wenn ich die Karabiner ein- oder aushängen wollte, habe ich einfach den Sicherungsstift des Motortilts aus der Halterung gezogen und den ganzen Außenborder nach vorne gekippt. Damit hingen die Seile ja sofort schlaff durch."
Außerdem erzählte Rod noch, dass die verwendeten Steuerseile (nylonummantelte Edelstahllitze) sehr steif waren und nur eine sehr geringe Seilspannung erforderlich war. Eine hohe Seilspannung führte lediglich dazu, dass der AB schwerer lenkbar war.
"Motorvibrationen gab es ebenfalls so gut wie ganicht, dafür brauchte man also auch keine Federn", sagte Rod. "Im Leerlauf, bei niedrigen Drehzahlen, da vibrierten die Motoren ein bisschen. Aber sobald du Gas gegeben hast, schnurrten die so smooth wie eine Nähmaschine. Das war bei allen alternate firing Motoren so (Anm: = Reihenmotoren). Nur die dicken C-Service-Engines (Anm.: sozusagen die "Stock-Motoren" der Alky-Klassen) waren als opposed twins gebaut (= Boxermotor) und vibrierten dadurch bauartbedingt stärker."
Soviel also zu dem Thema "Federn". Wir brauchen sie nicht im Modell (zumal die richtige Scale-Grösse und Federspannung recht schwer und nur teuer erhältlich ist, solange man nicht 1000 Stück abnimmt). Als Fake sehen sie gut aus, dann lässt man halt die Steuerseile durch die Federn laufen und befestigt sie ganz normal am Boot. Vielleicht baut ja noch jemand ein Boot mit richtig funktionierenden (passenden) Federn, auch wenn sie funktional nicht notwendig sind.