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THEMA: Warum hatten die Originale Federn an den Steuerseilen?

Warum hatten die Originale Federn an den Steuerseilen? 15 Mär 2013 21:28 #1

  • Jo_S
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Im Mosquito-Baubericht von Mark ist am Rande eine recht interessante Diskussion aufgekommen: warum hatten die Originale eigentlich Federn an den Enden der Steuerseile?

Die Spekulationen reichten von "Ausgleich thermischer Längenänderung" über "Dämpfung der Motorvibrationen" über "leichteres Aushängen der Karabiner an der Steeringbar" über diverse andere Thesen bis hin zu "Einstellarbeiten an den Seilen erleichtern". Und der abschliessenden Feststellung: wir fragen einfach Rod (Geraghty), den Praktiker, der die Oriinale selber gefahren ist. Wer könnte eine kompetentere Auskunft liefern?

Ok, heute habe ich stundenlang mit Rod geskyped, es war wie immer äusserst unterhaltsam und lehrreich - und hier ist seine Antwort: "Ihr denkt alle viel zu kompliziert!"

Werner war mit seinen Thesen am dichtesten an der Wahrheit: die Federn dienten schlicht und einfach dazu, ein wenig Spannung in die Steuerseile zu bringen bzw. die vorhandene (geringe) Spannung zu halten. Das war aus zwei Gründen erwünscht: zum einen wurde durch diese leichte Vorspannung vermieden, dass sich auf dem Hub (= der Seiltrommel vor dem Lenkrad) die Steuerseile übereinander legen konnten. Mit ein bisschen Spannung legten sie sich immer sauber nebneinander.

Zum zweiten differierte die Seilspannung - bei stärkerem Einlenken des ABs - im linken und rechten Steuerseil etwas voneinander. Das ist eigentlich auch logisch: vorne eine runde Trommel, hinten eine Steeringbar - da beschreibt das Seil hinten keine saubere Kreissegment-Abwicklung (wie vorne am Hub), da es immer gestreckt gerade zur Steeringbar verläuft. Das führt also zu leichten Spannungsunterschieden im linken und rechten Seil, die sich allerdings erst bei starkem Einlenken des ABs auch praktisch bemerkbar machen.

"In der Praxis" berichtete Rod "führte das dazu, dass ich bei Closed Course Races meist garkeine Federn an den Steuerseilen verwendet habe. Ein Closed Course hatte große Kurvenradien, also war nur relativ geringe Einlenkung des ABs notwendig. Dabei entstanden weder die genannten Unterschiede in der Seilspannung, noch die Gefahr, dass sich die Seile auf dem Hub verhedderten.

Anders sah es z.B. beim Sammamish Slough Race aus (Anm.: ein Flußrennen, bei dem es zahlreiche Brückenpfeiler im Wasser, scharfe Flussbiegungen etc. gab), da hatte ich immer Federn an den Steuerseilen."

Und was ist mit dem Argument, dass durch die Federn die Karabiner leichter aus der Steeringbar auszuhängen waren, wenn man den Motor abnehmen wollte?

"Das war überhaupt nicht notwendig", sagte Rod. "Wenn ich die Karabiner ein- oder aushängen wollte, habe ich einfach den Sicherungsstift des Motortilts aus der Halterung gezogen und den ganzen Außenborder nach vorne gekippt. Damit hingen die Seile ja sofort schlaff durch."

Außerdem erzählte Rod noch, dass die verwendeten Steuerseile (nylonummantelte Edelstahllitze) sehr steif waren und nur eine sehr geringe Seilspannung erforderlich war. Eine hohe Seilspannung führte lediglich dazu, dass der AB schwerer lenkbar war.

"Motorvibrationen gab es ebenfalls so gut wie ganicht, dafür brauchte man also auch keine Federn", sagte Rod. "Im Leerlauf, bei niedrigen Drehzahlen, da vibrierten die Motoren ein bisschen. Aber sobald du Gas gegeben hast, schnurrten die so smooth wie eine Nähmaschine. Das war bei allen alternate firing Motoren so (Anm: = Reihenmotoren). Nur die dicken C-Service-Engines (Anm.: sozusagen die "Stock-Motoren" der Alky-Klassen) waren als opposed twins gebaut (= Boxermotor) und vibrierten dadurch bauartbedingt stärker."

Soviel also zu dem Thema "Federn". Wir brauchen sie nicht im Modell (zumal die richtige Scale-Grösse und Federspannung recht schwer und nur teuer erhältlich ist, solange man nicht 1000 Stück abnimmt). Als Fake sehen sie gut aus, dann lässt man halt die Steuerseile durch die Federn laufen und befestigt sie ganz normal am Boot. Vielleicht baut ja noch jemand ein Boot mit richtig funktionierenden (passenden) Federn, auch wenn sie funktional nicht notwendig sind.
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Warum hatten die Originale Federn an den Steuerseilen? 15 Mär 2013 23:39 #2

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Vielen Dank für die Weitergabe dieser Infos, Jo! :top:

Ist es nicht immer wieder spannend und interessant, was die Fachleute sagen und wie einfach die Antworten am Ende im Grunde sind?
Durch Deine Beschreibung habe ich mich gerade ein wenig in die Fünfziger versetzt gefühlt und meinte sogar, einen schnurrenden Aussenborder gehört zu haben...:)
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Warum hatten die Originale Federn an den Steuerseilen? 16 Mär 2013 00:02 #3

  • Jo_S
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xoff schrieb:
Ist es nicht immer wieder spannend und interessant, was die Fachleute sagen und wie einfach die Antworten am Ende im Grunde sind?
Ich bin unheimlich froh darüber, diese Möglichkeit zu haben, mit einem echten Rennfahrer der 50er/60er kommunizieren zu können. Auf jede Frage eine Antwort zu erhalten. Und jede Menge Anekdoten nebenbei zu erfahren. Ich könnte da stundenlang zuhören und frage ihn Löcher in den Bauch. Und immer wieder unterbricht er, lehnt sich mit einem zufriedenen Grinsen zurück und sagt: "We had SO much fun in those days... I can't tell you how much fun we had!"

Dann zeigt er mir Bilder aus Büchern, die ich auch im Regal stehen habe und erzählt mir, welches Boot und welcher Fahrer und welcher Motor das ist und bei welcher Gelegenheit das Bild aufgenommen wurde. Und in wievielen Rennen er gegen diesen Fahrer angetreten ist - "übrigens auch ein guter Freund von mir, bis heute." Das ist schon irre. Diese Bücher, die wir heute (z.T. nur noch antiquarisch) kaufen können, um ein wenig über diese weit zurück liegende Zeit zu erfahren - sie sind für Rod wie Familienalben. Da könnte man schon neidisch werden.

Ich glaube, Rod macht es ebensoviel Spass wie mir, über dieses Thema zu reden: ich bekomme Infos, die sonst nirgends zu bekommen sind (auch in Büchern nicht!), er freut sich, endlich wieder mit jemandem über diese Zeiten reden zu können. Dass er außerdem noch ungeheuer viel praktische Erfahrung mit RC-Rennbooten hat, macht die Sache umso spannender - er sagt, er habe alle Fehler bereits gemacht und gibt nun an mich/uns weiter, wie man sie vermeidet.

Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal ganz konkret daran erinnern, dass Rod sich ganz explizit bereit erklärt hat, JEDEM von uns seine Fragen zu beantworten oder einfach über die große Zeit des Outboard-Racing zu erzählen. Ich kann euch nur ermuntern: macht Gebrauch davon - er ist ein supernetter, offener, humorvoller, sehr sympathischer Kerl - und so eine Chance auf 1:1-Informationen bekommt man nur extrem selten! Seine Skype-Adresse steht in seinem Userprofil. Denkt nur daran, dass wir 6 Stunden Zeitunterschied haben (im Sommer 7 Stunden)... nicht, dass ihr ihn vormittags anruft, während es bei ihm noch 4 Uhr nachts ist. :-)
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Warum hatten die Originale Federn an den Steuerseilen? 28 Dez 2013 18:16 #4

  • rsaxvik
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In the earlier days, the holes in the steering bar weren't always in line with the
pivot pin on the lower so when you turned the motor, the steering lines would tighten
or loosen depending on which way you turned the wheel. This and the reasons Rod gave
all added into the reasoning for the springs.
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Folgende Benutzer bedankten sich: Jo_S

Warum hatten die Originale Federn an den Steuerseilen? 28 Dez 2013 19:14 #5

  • Jo_S
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rsaxvik schrieb:
...the holes in the steering bar weren't always in line with the
pivot pin...
That's another good explanation. Thanks Ron! :shakehands:
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